LETZTE ÄNDERUNG am Freitag 15. März 2024 16:18 durch Berlingo
Bereits vor mehr als fünf Jahren fiel mir aus der Entfernung bei meinem Radtouren durch den Süden Berlins die Hochhaus Baustelle am Steglitzer Kreisel auf. Und selektiv sehe ich sie nun immer wieder im Bild.
VIDEO Fundstück am Ende dieses Beitrages!
Der „Kreisel“ ist eigentlich nur der autofreundliche Knotenpunkt, die stark befahrene Kreuzung Autobahnende A103 (Westtangente) Ecke Schlossstraße und Wolfensteindamm.
Die Geschichte des Hochhauses dort ist sehr lang, seit 1968, und ebenso abwechslungsreich wie traurig in all den vielen wirtschaftlichen und baulichen Zwischenstadien.
Ich hab die KI gebeten, das mal zusammenzufassen. Warum das alles noch einmal selber abtippeln? Die hier zusammengetragenen Fakten aus dem Netz sind allerdings wie immer ohne Gewähr:
Den Steglitzer Kreisel und die Baustellen in seiner Umgebung aus der Nähe inspizieren, waren also die Primärziele dieses kleinen Stadtrundgangs. Eine weitere Baustelle, inzwischen besser gesagt, ein weiterer Lost Place ist der sogenannte „Bierpinsel“, ein kurioses Gebäude hoch über der Schlossstraße und der Brücke der Schildhornstraße. Manche nennen es „Pop-Art“-Architektur.
Shopping Overkill
Die ausgedachte Route beginnt am U-Bahnhof Walther-Schreiber-Platz. Hier beginnt die beliebte Einkaufsmeile der Steglitzer, die Schlossstraße. Und da hab ich das erste Einkaufscenter, das SSC, das Schloß-Straßen-Center doch glatt übersehen, weil diese Mall aus der U-Bahn aufsteigend schon hinter mir lag. Es soll jedoch viele Ortsfremde geben, die das SSC auf ihrer Shopping Tour auch übersehen.
Gleich daneben aber befindet sich die wohl älteste, eine kleinere Mall, das „Forum Steglitz“. Einige Forum-Fans gehen hier noch ein und aus.
Auf der westlichen Straßenseite wechselt sich eine neue Mall mit einer neueren Mall und kleineren Kettenfilialen ab. Dazwischen existiert noch ein Karstadt (früher Wertheim) und ein Cineplex-Kinohaus.
Der auffällige Titania-Palast beherbergt bereits fast 100 Jahren ein damals riesiges Luxuskino. Heute führen sieben Säle die Tradition fort. Ich hab reinschaut. Doch, nette Atmosphäre dort drinnen.
Ein Fachgeschäft neben dem anderen sind vor allem auf der Ostseite des auch Auto-Boulevards zu entdecken.
Karstadt ließ ich rechts liegen, aber in die Mall „Boulevard Berlin“ schaute ich kurz rein. Nichts besonderes. Die Rückseite grenzt an den Harry-Bresslau-Park, ein Café ist hier gut platziert. Ein anderer Abschnitt des Rundgangs für an leeren Läden, teils illusionieren Fake-Szenerien an den internen Fensterfronten. Douglas zieht gerade aus.
Der Bierpinsel
Nun steht plötzlich und etwa bedrohlich oben auf der Joachim-Tiburtius-Brücke der Bierpinsel im Bild. Unter der autobahnbreiten Brücke ist der runden Fuß des Turm zu entdecken, der Zugang zum Aufzug ist verrammelt. Ebenfalls hier Rolltreppen hinab zur U-Bahnstation Schlossstraße. Ein offensichtlich schwer sauber zu haltender Platz, Aufenthaltsqualität entdecken nur hier nur einige Obdachlose und Fast-Food-Junkies.
Ein bröckelnder Treppenaufgang führt nach oben zur Straße und zur freien Sicht auf das komische Turmgebäude. Vielleicht ist die Grundsteuer günstige, wenn sich ein Haus einfach erst oben in der Luft breitmacht? Diese Nest-Architektur hat die Bewirtschaftung der oberen Etagen bisher immer sehr schwer gemacht, so wird berichtet.
Wie bereits erwähnt, auch in diesem gesicherten Zustand ist das offensichtliche Spekualationsobjekt ein echter Lost Place. Google Maps hat einige Fotos aus dem Inneren gesammelt. Zustand auch innen wie die zernagte, ehemals bunte, früher rote Fassade: schlimm.
Auch über den Bierpinsel weiß der ChatGPT-4 Copilot eine interessante Geschichte zu erzählen – sie ist relativ kurz gefasst:
„ChatGPT-4, erzähl uns bitte die Geschichte des sogenannten Bierpinsels in Berlin Steglitz“.
Wiedereröffnung 2025?
Ich sah keine Anzeichen irgendeiner bauvorbereitenden Restaurierungsmaßnahme. Drei Möglichkeiten: sofort Instandsetzen, demnächst Abreißen oder weiterhin vergammeln lassen. Die letzte Möglichkeit ist allerdings wirklich das Letzte.
Der eigentlich immer noch futuristisch anmutenden Turm war früher einheitlich rot. Poppig wurde er erst später.
Wikipedia protokolliert die durchaus aufregende Nutzungsgeschichte des Baus. Ich war niemals drin.
Das Schloss
Noch eine Mall zum Abschluss: „Das Schloss“. Dieses Einkaufszentrum ist eine Symbiose mit dem Steglitzer Rathaus eingegangen, das in dem vergleichsweise kleinen historischen Eckgebäude residiert.
Mit der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek ist hier auch die Bezirkszentralbibliothek für Steglitz-Zehlendorf untergebracht. Steglitzer mögen dieses fast romantisch ausgestattete Schloss, es ist viel los, alle Läden scheinen vermietet.
Ein kleiner Platz mit Tageslicht ist durchaus einladend.
Leider hab ich versäumt, die Schlossfassade zu fotografieren.
An der Ecke Grunewaldstraße / Albrechtstraße fällt hinter der Back-Factory im Rondell die Schwartsche Villa auf. Dahinter der kleine Charkiw-Park mit Spielplatz. Bänke zum Ausruhen. Das Café hier im Kulturzentrum ist geöffnet. Die Außenfläche wird aber erst ab dem richtigen Frühling gastronomisch bespielt.
Diagonal gegen über der eingezwängte Hermann-Ehlers-Platz. Mit Zierbrunnen, im Wechsel mit Wochenmarkt und Trödelmarkt. Seit über zehn Jahren ist eine Umgestaltung „im Gespräch“. Immerhin, Bäume gibt’s schon.
Überlin
So nennt der Investor seine Vermarktungsmarke in der Werbung. Wir erreichen die zweite traurige Gestalt auf unserem Wander-Check. Je näher man kommt, desto deutlicher wird hier der Stillstand. Der Baustellentechnik am Fuß des Gebäudes sind die bald zwanzig Jahre Untätigkeit anzusehen.
Das Bezirksamt Steglitz war bis Ende 2007 Hauptmieter im Turm, mit viel Platz, doch dann wurde das Gebäude wegen Asbestbelastung geräumt. Ein Gerippe blieb übrig. Wer hat eigentlich diese Maßnahme bezahlt?
Unten ist Globetrotter längst ausgezogen, der ganze Unterbau mit Geschäftsräumen steht leer. Nur die BVG hat offensichtlich dafür gesorgt, dass der Durchgang zum U-Bahnhof und zum Busbahnhof „Rathaus Steglitz“ einigermaßen ansehnlich geblieben ist. Man kann hier durch unauffällige Türen unter dem Kreisel hindurch. Auch das Parkhaus auf der Südseite ist noch genutzt.
Albrechtstraße
Unter der kurzen Stadtautobahn, die einmal die Westtangente werden sollte, führt die Albrechtstraße hindurch.
Dort führte meine Routen zum Antiquariat Hennwack. Das ist mir kürzlich mit einem Superlativ untergekommen:
Berlins größtes Antiquariat – mit über 400.000 Titeln. Die Angaben schwanken. Sie schwanken, weil das Hinterhofgebäude nicht nur mit zahllosen, unsignierten und nur grob sortierten Büchern, Schallplatten und Zeitschriftensammlungen vollgepackt ist, zwischen den Regalgängen stapeln sich auch noch unendlich viele Wände von Bananenkartons voll mit eben diesen Dingen.
„Bücher niemals wegwerfen“ – ein No-Go, das wir gelernt haben. Und leider lässt sich bedrucktes Papier noch nicht wieder zu einem Wald zurück recyclen. Die teils uralten privaten Büchersammlungen und Zeitschriftenstapel landen also hier in der Albrechtstraße 111, im Hinterhof.
Hab vergessen zu fragen, ob noch Kartons angenommen werden. Angekauft wird sicher nichts mehr, auch wenn es die teuersten Bildbände oder Fachbücher sind.
Insgesamt hab ich keine einige Mark ausgegeben – das war schön 😆.
Das Projekt myMap (Google Maps) mit dem Track dieses Kiezspaziergangs – es sind schlappe 4 Kilometer:
Fotos
Alle großen Originalfotos dieser Tour liegen hier in der Cloud in einem kommentierten Fotoalbum:
„240307 Steglitz erkunden: Schlossstraße Bierpinsel Kreisel Mega-Antiquariat“
Antiquariat und Galerie Hennwack
Das ist angesichts der Unmengen in der ehemaligen Fabrikhalle nochmal erstaunlich: „Die in unserem großen Ladengeschäft (das an der Straße?) ausgestellten Bücher sind nicht Teil des Online-Bestands.“
Ein Viertel des Gesamtbestandes befindet sich in einem angeschlossenen Bücherlager.
- Dieser ist online bei ZVAB – gut, thematische Sammlungen der eher wertvollen Titel, zum Stöbern, gute Beschreibungen, keine Coverabbildungen
- und Booklooker eingepflegt. 90.000 Bücher, auch mit Cover Abbildungen. Plus Gemälde aus der eigenen Galerie nebenan, Bei beiden Plattformen kann dort recherchiert und nach Hause oder zur Abholung bestellt werden.
Bücher, Bücher, Bücher bis unter das Dach
Ein nur etwas ähnliches Antiquariat fand ich zufällig in Funchal, der Hauptstadt von Madeira (Portugal).
Hier findet man auch fast 100.000 gesammelte Titel aus allen Themen – fein säuberlich in einem alten Palast an den Wänden aufgehängt.
Der wunderbare Esperanca Bookshop war einen eigenen Blogbeitrag wert:
„Madeira. Funchal. Das sagenhafte Bücher-Labyrinth“
Link Service
Mall No 0
www.Schloß-Straßen-Center.de
Mall No 1
www.Forum-Steglitz.de
Titania-Palast Geschichte
de.Wikipedia.org/wiki/Titania-Palast
Mall No 2
www.BoulevardBerlin.de
Mall No 3
www.DasSchloss.de
Rathaus Steglitz mit Bürgeramt
Service.Berlin.de/standort/122274
Kulturhaus und Café Schwartzsche Villa
Gastro.Mosaik-berlin.de/cafe-schwartzsche-villa
Überlin Residential Tower
Vorübergehend geschlossen, keine Website
Da dieser Beitrag absolut kein Steglitz-Bashing sein soll,
zitiere ich hier noch das Stadtmagazin tip, das kürzlich „12 tolle Orte in Steglitz: Gärten, Theater, Kreisel und mehr“ gefunden hat.
Mehr freundliches Steglitz vom tip in kurzen Absätzen hier.
Und zum einem weiteren guten Schluss hier ein sehr altes, damals sehr angeberisches Netzfundstück – ein rbb Retro-Archivstück, getitelt „Berliner Straßen heute: Die Schloßstraße“.
Aus der Sendungsbeschreibung: „Diese Reihe richtete sich explizit an die Zuschauer in der DDR, damit diese die Veränderungen im Stadtbild seit der Grenzschließung nachverfolgen können. Die Pracht der Schloßstraße für die Wohnzimmer in der DDR.“
Wobei „heute“ auf den 28.1.1964 zu terminieren ist, dem Tag der Erstaustrahlung:
Quelle: rbb/ARD Mediathek (Direktlink)
