Stadtrundgang Pankow City

Freitag, 2. Februar 2024. Wir schauen uns Pankow City genauer an

LETZTE ÄNDERUNG am Mittwoch 21. Februar 2024 16:06 durch Berlingo


Nach dem am 19. Januar 2024 unser Heimatsender rbb mit einer neuen Berlin Doku um die Ecke kam und „30x aufregende Dinge in Pankow“ empfahl, haben wir uns tatsächlich veranlasst gefühlt, hier einmal vorbeizuschauen.

Der heutige Verwaltungsbezirk Pankow umfasst 13 Ortsteile und ist nach Treptow-Köpenick der zweitgrößte. Da diese künstliche Zusammenlegung für uns Berliner eigentlich unerheblich ist, haben wir eine Stadtwanderroute durch den alten, historisch bedeutenden Stadtteil Pankow, wir nennen es hier „Pankow City“, geplant.

An diesem Freitagmittag starteten wir am Start U/S Bahnhof Pankow. Zwar blieb der angedeutete Regen aus, aber es war kalt, etwas windig und die Sonne ließ sich leider keine Minute blicken. Der Himmel war nur einheitlich grau, alles insgesamt keine guten Voraussetzungen für „aufregende“ Fotos der Stadt. Jedenfalls wurden die Fotos farblich etwas eintönig. Ich mag eigentlich weiß-blauen Himmel.

Hier vorausgeschickt sei, was mir als Erstbesucher schon in der ersten halben Stunde auffiel, Pankow ist sehr „sauber“, es gibt keine Grafitti-Flut an allen Ecken und Flächen. Dafür viele kleinere aber auch größere Kunstobjekte im Straßenraum, Denkmal, Statuen von Pankower Persönlichkeiten. Und aber auch Zäune, Zäune, Zäune. Bauzäune, Grundstückszäune, Sicherheitstechnik vor allem auf den „reichen“ Grundstücke wie im Majakowskiring.


Der gelaufene Track, 7,5 km: 1x irrtümliche Sackgasse, einmal falsch abgebogen, daher Umweg, 2x abgekürzt. Das ist moderne Navigation mit Mapy.cz. Karte lässt sich auf lesbar vergrößern.


Die Frau von unser verspätet sich, die Streikbusse fuhren noch nicht alle nach Fahrplan. Ich hab Zeit, den Bahnhof genauer kennenzulernen.

Am und im Bahnhof Pankow
Am und im Bahnhof Pankow. Großansicht mit Klick. – Alle Fotos hier im Cloud Album

Die erste Kunst, die dem Besucher hier begegnen, sind drei große bearbeitete Granitsteine in der Halle des U-Bahnhofs. Große historische Fotos im alten Teil des Bahnhofes, der zur S-Bahn führt. Der später gebaute U-Bahnhof befindet sich darunter und hat einen gesonderten Eingang. Östlich befand sich noch ein riesiger Güter- und Rangierbahnhof. Wikipedia erzählt eine sehr lange, interessante Geschichte diese Orte.

Vor dem Bahnhof ein etwas improvisierter, zweietagiger Freiluft-Radparkplatz für Pendler – funktioniert aber offensichtlich.

Der Garbatyplatz vor dem Bahnhof. Nein, das ist keine Mall dort, es ist ein Geschäftshaus. Josef Garbáty-Rosenthal war ein jüdisch-deutscher Zigarettenfabrikant in Pankow.

Am Bahnhof Pankow beginnt die bekannte Florastraße, die szenige, „Schöne Straße“ zwischen alten Gründerzeitfassaden. Florales Grün soll es hier früher gegeben haben.

Unsere Route als Achterlinie führte uns zu Beginn erst einmal Richtung Marktplatz auf dem Pankower Anger, Rathaus, Bürgerpark und Panke.

Das Gesundheitsamt Pankow residiert in einem überdimensionalen Bauwerk aus den 20er Jahren. Von Beginn an als „Gesundheitshaus Pankow“ war es das erste kommunale Gesundheitshaus in Deutschland. Unter Denkmalschutz. Klinkerfassade wie am Bahnhof.

Am Bleichröder Park erläutert eine saubere (!) Geschichtstafel den Ort. Die Bankiersfamilie Bleichröder hat über ein Jahrhundert die Bildungs- und Sozialarbeit unterstützt. Statt einer Villa nun dort das  Kiez-Café Kraft im Holzpavillon, davor eine abgezäunte Hundeauslaufwiese (?). Nein, ist es nicht, eigentlich soll die verschwindende Wiese hier geschützt werden!

Auf dem Marktplatz, Breite Straße. Wenige Stände an diesem kalten, trüben Freitagnachmittag.  Hier gibt’s noch echte Glühlampen! Nur 1 Euro 😄.

Plaudern in Pankow

Richtung Rathaus drängt sich das Kunstwerk „Viertelmondträgerin“ ins Bild. Hier auf dem Pankower Anger wurde die erste „Plauderbank“ des Bezirks aufgestellt. Sie steht neben der Bronzeplastik „Viertelmondträgerin“ (Marktplatz Richtung Rathaus). Die speziellen Bänke erleichtern das Hinsetzen und Aufstehen insbesondere für Ältere und Menschen mit Behinderung und laden zum Verweilen und „Plaudern“ ein. Die Bänke sind mit einem Schild ausgestattet, das signalisiert, dass Sitzende gerne mit anderen Menschen ins Gespräch kommen möchten.

Die Plauderbänke sollen Menschen wieder ein Stück näher zusammenbringen und den nachbarschaftlichen Austausch fördern sowie das Kiezleben bereichern. Es ist geplant, drei bis fünf weitere Plauderbänke im Bezirk aufzustellen. Gute Idee!

Das Einkaufszentrum „Rathaus Passagen“ eher unauffällig. Das mächtige Pankower Rathaus dagegen sehr eindrucksvoll, Davor und innen muss sich der Bürger sehr klein fühlen. Was wohl auch gern so gewollt wird.

Errichtet wurde das Rathaus 1901–1903 nach Entwürfen von Wilhelm Johow in einer für das beginnende 20. Jahrhundert typischen Mischung verschiedener Baustile wie Neogotik, Neobarock und Jugendstil­elementen. Heute ist das Bezirksamt hier drin, inkl. Standesamt u.a. anderen Verwaltungen.

Richtung Paule-Park nahmen wir den falschen Weg, auf den uns kleine Statuen am Rand lockten, und wir landeten am Seniorenheim in einer Sackgasse. Der korrekte Parkzugang führt parallel daneben direkt am Rathaus-Center (Mall) entlang!

Der Paule-Park abseits der Straßen bietet sich sportlich für große und kleine Kinder an.  Namensgeber des Parks ist der Maler Paul Schultz‐Liebisch (1905-1996). Richtung Parkstraße: Ein etwas überraschender Lost Place hinterm Zaun, auf deutsch eine verfallende Ruine.

Keine Ruine ist der Rosengarten mit Musikpavillon im Bürgerpark. Hier dürfen die Besucherstühle noch frei und ungefesselt im Park stehen.

Gegenüber das mit einem Biergarten aufgemotzte „Kaffeehaus am Rosengarten“. Immerhin: es hat jetzt im Winter geöffnet, es gibt Glühwein und kleine Kuschelhütten. Das Toilettenhäuschen am Kaffeehaus ist öffentlich zugänglich.

Durch den Haupteingang hinaus aus dem Bürgerpark. Historisch und fein restauriert das „Alte Kastellanhaus mit Mausoleum“ am historischen Friedhof und vor dem riesigen Eingangsportal zum Bürgerpark. Der Park an der Panke gehörte bis 1907 zu einem privaten Landsitz, seitdem der Gemeinde und seinen Bürgern.

Im Park auf der anderen Seite der durchrauschenden, sauberen Panke schreibt JULIUS FUČIK auf großen Stelen: „MENSCHEN, ICH HATTE EUCH LIEB. SEID WACHSAM!“. Der tschechische Schriftsteller, Journalist und kommunistischer Kulturpolitiker wurde im Alter von 40 Jahren 1943 von den Nazis in Plötzensee umgebracht.

Nur weil wir falsch abbogen, kamen wir in der Heinrich-Mann-Straße an einer kleine, provisorischen Bücher- und DVD Box an einem Laternenpfahl vorbei. Die Bücher dort drin haben zum großen Teil noch DM-Preise.

Im Majakowskiring wohnte Johannes Robert Becher. Er war expressionistischer Dichter und hat es als SED-Politiker zum  Minister für Kultur und ersten Präsidenten des Kulturbundes der DDR gebracht. Ehemaligen Einwohnern dieses Landes ist er auch als Verfasser des Textes der Nationalhymne der DDR bekannt.

Pankow Fahrradstraße durch den Majakowskiring
Pankow Fahrradstraße durch den Majakowskiring – Klick für eine Großansicht. – Alle Fotos hier im Cloud Album

Noch nicht alle Häuser im damals abgesperrten, gesicherten Majakowskiring sind neu genutzt. Im Ring wohnten damals viele DDR-Bonzen in ihren Villen. An der östlichen Zufahrt auf den Majakowskiring – nur für Fußgänger und Fahrradfahrende – ein Palast auf großem, bewachten Grundstück im Hintergrund.

Gleich um die Ecke Zufahrt zum Schloss Schönhausen. Auch hier quert eine Fahrradroute. In den Eingangswachhäuschen eine Ausstellung, getitelt „Die Pankower Machthaber“.

Das Schloss eher schmucklos, eingeschränkte Öffnungszeiten. Wir kommen noch einmal vorbei, wenn die Krokusse raus sind und die Bäume Blätter tragen.

Carl von Ossietzky steht in der Ossietzkystraße vor einer Siedlung mit gefährdeten alten Bäumen, die für eine Bauverdichtung gefällt werden sollen. Die Gesobau will Häuser mit 99 Wohnungen mitten in die weiträumigen, baumbestandenen Höfe setzen. (Mehr über Bauplanungstricks hier in der taz)

Aufgrund anhaltender Nichtbeachtung des Durchfahrtsverbots für Kraftfahrzeuge in der Fahrradstraße Ossietzkystraße sollen Modalsperren errichtet werden.

Nach einem Aufwärmstopp im Café Rosenrot ist das nächste Ziel  die Filmkunstbar „Fitzcarraldo & Roderich“. Öffnet leider erst um 17 Uhr. Noch ein Fotoblick auf das Mural an der Brandmauer des Bankhauses August Lenz an der Berliner Ecke Breite Straße. Davor auf dem Platz das Kunstwerk „Kletternde Kinder“.

Schöner Wohnen in der Alten Mälzerei?
Schöner Wohnen in der Alten Mälzerei?

Also weiter zum Vegan-Café in der Florastraße. Nur auf individuell geplante Wanderrouten kommt man an Überraschungen vorbei. Wie hier heute an der mächtigen, zur privaten Wohnanlage umgebauten alten Mälzerei. Früher Schultheiss, heute alles Eigentumswohnungen! Tiefgarage, na klar.

Zum Abschluss noch lecker Schlemmen im freundlichen, bio-veganen Café „Trivitys“ in der Florastraße. Und das war’s für heute.

Stadtrundgang Pankow City
Stadtrundgang Pankow City – Collage vergrößern mit einem Klick. – Alle Fotos hier im Cloud Album

Für die alte Bürgerstube und heutige Kiezkneipe „Eiche“ ist es zu für, die öffnet erst um 18 Uhr. Also kürzen wir aus Zeit- und auch aus Klimagründen ab. Durch die ziemlich veränderte Florastraße voller Alternativläden zurück zum Bahnhof Pankow. Nur 30 Minuten braucht die U6 bis zum Wittenbergplatz in Schöneberg.


Robert Miessner hat sich für die taz im April 2021 die Florastraße genauer angeschaut: „Straßenportrait – Straße lesen“

Immoscout Loft
Immoscout Loft – Klick für eine Vergrößerung

Wohnen in der Alten Mälzerei?
Es gibt eine Fluktuation im umgebauten Industriedenkmal. Es wird verkauft und gekauft, es wird vermietet. Eigentümer zahlen Hausgeld von mehreren Hundert Euro.
Geschichte der neuen Alten Mälzerei mit vielen Infos und Fotos:
Alte-Maelzerei-Pankow.Blogspot.com


Alle großen Originalfotos hier im kommentierten Cloud Fotoalbum
Mit Highlight Diaschau.

Siehe auch Blogbeitrag „rbb kennt 30 Dinge, warum Pankow aufregend ist“ mit vielen weiteren „aufregenden“ Pankower Stadtteilen und Link zum Video in der Mediathek.

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