LETZTE ÄNDERUNG am Dienstag 18. Juni 2024 14:51 durch Berlingo
Drei anstrengende, auch weil sehr heiße Wandertage auf dem Jakobsweg entlang der Elbe von Bad Wilsnack über Havelberg nach Tangermünde.
- Am 14. September 2020 startete mein bisher größtes WANDERABENTEUER. Ralph hatte eine 3-TAGE-ETAPPENWANDERUNG auf dem Jakobsweg vorbereitet, mit zwei Übernachtungen, ca. 75 km, mit täglich mehr als 20 km, und das, obwohl ich erst einmal mehr als 20 km gewandert bin und danach fix und fertig war. Meine Ausrüstung war noch sehr übersichtlich, olle Turnschuhe, schwerer Rucksack und ich war mega aufgeregt.
- 3 Tage
- 2 Übernachtungen
- 119.843 Schritte
- 76,7 km
- 17 Stunden Wanderzeit
Es folgen Fotos, Videos und die Storys dazu:
Tag 1, von Bad Wilsnack nach Havelberg
- Start: Bahnhof Bad Wilsnack
- Ziel Havelberg, Übernachtung
- 23,2 km Jakobsweg-Wanderung bei sengender Sonne auf endlosen Deichen.
- St. Jakobus Pilgerweg (Bad Wilsnack – Tangermünde)
- https://mapy.cz/s/dopebupubu
23,2 km JAKOBSWEG mit der Kirche der drei BLUTSTROPFEN, WET-T-SHIRTS auf hartem Asphalt, einer BLASEN CHALLENGE, LA DOLCE VITA mit kreischenden KRÄHEN und der JAGD nach den STEMPELN.
Am 14. September ging es los. Mit dem Zug Richtung Wittenberge, ich hatte viel zu viel unnötiges Zeug mitgenommen und so war mein Rucksack für mich auch eigentlich viel zu schwer, mit seinen 10 kg.
Es waren noch einmal an die 30 Grad angekündigt und die Sonne ging blutrot am Horizont auf, an diesem kühlen Morgen. Fröstelnd saß ich am Bahnhof und war fast sprachlos vor Aufregung. Tausend Gedanken schossen mir durchs Hirn.
Es folgen ein NAGELNEUES TRACK VIDEO, GPS-Track, Video aus der WUNDERBLUT KIRCHE, FOTOS und die SCHMERZHAFTE STORY:
Video Track
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GPS Track
Die Kirche der 3 Blutstropfen
Unweit vom Bahnhof besuchten wir als Erstes die Wunderblutkirche in Bad Wilsnack, die von Endes des 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts eine Wallfahrtskirche war. Sie bewahrte drei Hostien mit je einem Blutstropfen in einem Versteck auf. Nach der Reformation zerstörte der evangelische Pfarrer von Wilsnack, Joachim Ellefeld, die Hostien. Er wurde dafür inhaftiert und anschließend des Landes verwiesen.
Unsere 3 Tage Jakobsweg-Wanderung entlang der Elbe begann „regelkonform“ mit einem Besuch in der Wallfahrts- und Wunderblutkirche St. Nikolai in Bad Wilsnack:
Im Shop der riesigen Kirche erstanden wir auch unsere Pilgerpässe
Wet T-Shirt
Auf dem Jakobs-Pilgerweg ging es nördlich von Bad Wilsnack in Richtung Legde, wo wir eine erste große Rast auf dem Friedhof am Dorfrand machten. Hier füllten wir unsere Wasservorräte, die bei dieser Hitze schnell zur Neige gingen und fanden für eine Weile Schutz vor der sengenden Sonne. Zusätzlich benetzte ich mein Shirt mit Wasser, steckte sogar den Kopf unter den Hahn. 😂
Ein hartes Pflaster
Anschließend überquerten wir die Havel hinter Quitzöbel und setzten unseren Weg an der Elbe entlang fort. Der Weg asphaltiert oder mit Kopfsteinpflaster bestückt, brennende Füße. Wunderschöne, weite Ausblicke boten sich uns an den Elbauen. Wir passierten den Elbe-Havel-Kanal und die Havel in Havelberg, checkten in die vorher gebuchte Unterkunft ein und gönnten uns und unseren Füßen eine Pause im wunderschönen Garten des Hotels.
Blasen Challenge
23,2 km waren es an diesem Tag. Wir hatten unsere Fußballen mit Klebeband abgeklebt. Ralph hatte Gaffa-Band gewählt, um seine Ballen zu schützen und ich testete Tapeband, denn das Brennen der Fußballen hatten uns schon oft Probleme bereitet. Bei Ralph entwickelten sich am Ende des Tages die ersten Blasen.
La Dolce Vita mit kreischenden Krähen
Kurz vor Sonnenuntergang machten wir uns auf den Weg zum St. Marien Dom zu Havelberg, der an der höchsten Stelle des kleinen Städtchens lag. Dazu mussten wir jede Menge Treppen hinaufsteigen. Ich habe gedacht, dass ich nie oben ankommen würde. Aber der Ausblick von diesem Ort war sensationell.
Hunderte von Krähen sammelten sich in den Aussparungen des Doms, und veranstalteten ein kreischendes Theater beim Kampf um die besten Plätze. Wir kehrten im La Dolce Vita ein, genossen ein gutes und reichliches Essen mit fantastischem Blick auf die untergehende Sonne.
Wir übernachteten in der sehr empfehlenswerten Pension Havelblick, Weinbergstraße 74, Havelberg.
Stempelfrust
Da wir zu spät in Havelberg ankamen, war es nicht mehr möglich einen Stempel für den Pilgerpass zu erhalten. Wir nahmen uns vor, am nächsten Morgen ein weiteres Mal hierherzukommen, um den heiß begehrten Stempel einzufügen, also noch einmal die Treppen.
Als wir in unsere Unterkunft zurückkamen, war der herrliche Garten wunderbar illuminiert und verzückte uns ein weiteres Mal. Vollgefressen und völlig erledigt fielen wir ins Bett und schliefen bis zum Morgen durch.
Jetzt folgt der zweite Tag:
2. Tag, von Havelberg nach Hohenberg Krusemark
- Start: Unterkunft Havelberg
- Ziel: Unterkunft Gasthof Krusemark
- 27 km Jakobsweg-Wanderung mit Fährfahrt, Adrenalin und schmerzenden Füssen.
- St. Jakobus Pilgerweg (Bad Wilsnack – Tangermünde)
- https://de.mapy.cz/s/falufumova
27 KM JAKOBSWEG, mit einer FÄHRFAHRT, einem kühlen Bier am Nachmittag, dem Gefühl von UNENDLICHKEIT, von WEITE, einem überraschenden FLOW und ADRENALIN Ausschüttungen, einem unheimlich netten GUTSHOF-BESITZER und einem ILLUMINIERTEN Garten.
Es folgen ein NAGELNEUES TRACK VIDEO, GPS-Track, FOTO und die STORY dahinter:
Video Track
GPS Track
Stempel unter Verschluss
Die ersten Schritte am Morgen, das Gefühl runder Füße, eine herrliche Dusche und ein frühes Frühstück. Schnell waren die Habseligkeiten wieder eingepackt und zogen los, um am Dom noch einen Stempel für den Pilgerpass zu ergattern.
Der Dom war verschlossen und die Pfarrerstochter durfte uns leider keinen Stempel geben. So versuchten wir es in der Tourist-Information dieser hübschen Hansestadt, und waren dort auch erfolgreich. Dabei besichtigten wir die idyllische Töpfergasse.
Haus der Flüsse
Anschließend sahen wir uns das Haus der Flüsse in Havelberg an. Die Innenräume konnten wir nicht, aber der Außenbereich des Informationszentrums des Biosphärenreservates Mittelelbe war mit seinen Wasserspielmöglichkeiten auch so ein interessantes Gelände. Hier waren wir ganz allein und konnten alle Spielvarianten austesten, wie Kinder.
Friedhofsdusche
Wir nahmen die Gierfähre bei Werben, überquerten die Elbe bei Räbel und füllten unsere Wasservorräte auf dem Friedhof der Kirche in Berge. Ich duschte förmlich unter dem Wasserhahn bei fast 30 Grad im Schatten. Schmerzen überall, der harte Untergrund forderte seinen Tribut, Ralphs Blasen wuchsen.
Was ist eine Gierfähre?
Eigentlich heißt es, Gierseilfähre oder fliegende Brücke, es ist ein Fährtyp, der die Strömung eines Flusses zur Fortbewegung ausnutzt. Wie ein Pendel schlägt die Fähre in ihren Verankerungen an Gierseilen aus, es ist eine Drehbewegung um eine Hochachse.
Die kühle Gerste
Am Gutshaus Büttnershof ließen wir uns eine Weile nieder, erschöpft schon jetzt. Ein kühles Bier und ein richtiges Klo beglückte uns schon außerordentlich. Wie klein doch die Wünsche werden, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Reduziert auf das Notwendigste.
Vom Schmerz
Immer in der Nähe der Elbe kamen wir langsam voran. Endlose Aussichten, die einem das Gefühl vermitteln, überhaupt nicht vorwärtszukommen. Hinter jeder Kurve das nächste endlose Stück Strecke vor Augen, machte uns heute auch das Kopfsteinpflaster alter Straßenverbindungen und die Betonauflage auf den Wegen zu schaffen. Ich hatte ständig Schmerzen im Rücken und das Gefühl, dass sich die Beinknochen durch die Füße in die Schuhe bohren und Ralph spürte seine Blasen platzen. Wir sprachen nicht viel, jeder war in seine Gedanken vertieft und im Kampf mit den Schmerzen.
Der Maschinenschub
Plötzlich setzte es bei mir aus, oder wie soll ich das beschreiben. Die Schmerzen wie weggeblasen, die Gedanken zur Ruhe gekommen. Ich marschierte und bemerkte erst nach einer Weile, dass ich ganz schön schnell geworden war. Ralph war nur ganz klein noch in der Ferne zu erblicken.
Ich setzte mich ins Gras und wartete auf ihn. Was war das, wo waren die Schmerzen hin, die mich beide Tage endlos quälten. War das dieser Flow, von dem so viele Wanderer berichten, die Konzentration auf das Laufen, mit einem Schub wie eine Maschine.
Wanderinfiziert
Ich war fasziniert von diesem Gefühl und es hat mich seit diesem Tag nicht mehr verlassen. Immer, wenn ich schnurgerade Asphaltwege gehe, ist es wieder da. Es treibt meine Beine voran, das Tempo erhöht sich und das Adrenalin schießt durch meinen Körper und lässt mich Schmerz überwinden. Es bringt Ruhe in meine Gedankenwelt und befreit von allen Sorgen des Alltags.
Wandern bis zum Sonnenuntergang
An diesem Tag mussten wir 27 km zurücklegen, denn die nächste Unterkunft war in Hohenberg Krusemark gebucht. Dazu verließen wir den Jakobsweg und bogen hinter Rosenhof ab. Langsam wurde es dunkel, aber wir hatten noch ein ganzes Stück vor uns. Ralph kündigte uns vorsichtshalber telefonisch im Gutshof an, die schon etwas in Sorge um uns hatten.
Mr. Drive übernimmt die Essensbestellung
Der Besitzer des wunderschönen Gutshotels kam uns auf unserem Weg entgegen, um für ein Essen bei der einheimischen Gastronomie zu organisieren. Er nahm unsere Bestellung entgegen und verabschiedete sich eilig, denn die Öffnungszeiten auf dem Lande forderten ihren Tribut. Während unser Essen mit dem Auto gefahren wurde, stapften wir die restlichen Kilometer total erschöpft zum Gutshaus.
Pension Gutshaus Krusemark
039394 91680
Der illuminierte Garten
Dort angekommen, schnell frisch machen und die schlimmsten Blasen versorgen. Wir schauten uns dieses Kleinod in der Walachei etwas genauer an. Viel zu sehen gab es nicht mehr, denn inzwischen war es dunkel, aber der Garten war so herrlich erleuchtet, eine Wonne.
Ich konnte kaum etwas essen, so fertig war ich. Meine letzten Gedanken an diesem Abend waren: „Noch einen Tag schaffe ich nicht, morgen setze ich mich in den Zug und fahr nach Hause.“
Zweifel
Am nächsten Morgen sahen Ralphs Füße entsetzlich aus, voller Blasen. Er muss ziemliche Schmerzen gehabt haben und ich bot ihm den Abbruch dieser Tour an, weil ich selbst nicht glauben konnte, den 3. Tag noch zu überstehen.
Er lehnte ab und so verarztete ich seine Blasen. Bei mir entwickelten sich keine, aber dafür hatte ich, verursacht durch zu viel Gepäck, mit bestialischen Rückenschmerzen zu kämpfen, jeder Schritt eine Qual. Sobald man sich hinsetzte, hatte man das Gefühl, nie wieder aufstehen zu können.
Es folgt der dritte Tag:
3. Tag, von Hohenberg Krusemark nach Tangermünde
- Start: Krusemark, Unterkunft
- Ziel: Bahnhof Tangermünde
- 26,7 m Jakobsweg, mit Problemen bei der Wasserversorgung, unendlichen Deichwegen und den Elbbrücken vor Tangermünde.
- St. Jakobus Pilgerweg (Bad Wilsnack – Tangermünde)
- https://de.mapy.cz/s/mebagupoja
26,7 km, mit der Entsorgung von Überflüssigem, unendlichen Deichwegen, einem Gänseliesel Brunnen, einem efeubewachsenen Schloss und mit der Elbbrücke bei Tangermünde.
Video Track
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Gepäckoptimierung
Vor dem Aufbruch erfolgte die Entsorgung des ersten paar Turnschuhe und ein paar anderer Sachen, auf die wir heute, am letzten Tag, verzichten konnten.
Deichwege in sengender Sonne
Es folgten endlose Wege auf dem Deich, kein Schatten in Sicht und die Sonne brannte auf unsere Köpfe. Wir ließen den Blick schweifen, sahen in weiter Ferne aber immer nur den Deichweg vor uns aufleuchten. Wir hatten das Gefühl, überhaupt nicht voranzukommen. Wie mögen sich wohl Flüchtlinge fühlen, wenn sie ganze Kontinente zu Fuß auf dem Weg in die Freiheit durchqueren?
Die Gänse Liesel
Auf dem Marktplatz in Arneburg machten wir eine kleine Rast an dem entzückenden Gänseliesel Brunnen, betrachteten die toll restaurierten Fachwerkhäuser und das Arbeiterdenkmal am Fischerbrunnen am alten Markt. In der Stadtkirche St. Georg konnten wir einen Pilger-Stempel ergattern, er lag dort angekettet bereit zur Nutzung.
Elbbrücke
Das efeubewachsene Schloss Storkau mit seinem gepflegten Park und dem schönen Wasserspiel war unser nächstes Ziel. Wir schauten uns ein wenig um und wanderten dann immer weiter der Elbbrücke bei Tangermünde entgegen, die imposant aus der flachen Landschaft herausragte.
In Tangermünde gab es wieder keinen Stempel, denn wir erreichten den Bahnhof völlig erledigt und auch spät, sodass wir nur noch nach Hause wollten.
Stempelglück
Ralph schrieb im Nachhinein einen Brief mit Nachweisen unserer Tour an die Gemeinde Havelberg, die uns dann nachträglich den fehlenden Stempel verpasste. 😊
Das war die tollste Wanderung EVER, voller neuer Eindrücke und Überwindungen, mit der Bekämpfung des inneren Schweinehundes und der Verfestigung einer tollen Freundschaft, vielen Dank Ralph.