Schwerbelastungskörper - Collage

Unterwegs History: Der etwas gruselige Schwerbelastungskörper in Tempelhof

LETZTE ÄNDERUNG am Sonntag 26. Mai 2024 11:20 durch Berlingo


Kürzlich bin ich unaufmerksam auf der „Radroute ab Haustür – bzi Tour 5: Eisenbahn und Landebahn“ vorbei geradelt. Was nicht so tragisch war, zu der späten Uhrzeit am Sonntagabend war dieser POI Nr. 15, der Schwerbelastungskörper, eh geschlossen.

Aber der Besuch musste nachgeholt werden. Ich kenne den sog. „Schwerbelastungskörper“ ja bereits seit Jahren – aber nur vom Hörensagen aus den Medien. Oft vorbei gerollt – aber ich war noch nie dort.

Am Dienstag, den 14. Mai 2024 habe ich also einen kurzen Ausflug dorthin geplant – verbunden mit einer für mich neuen Route über die neue Yorckbrücke Nr. 5, die ich zufällig bei der o. a. Tour von unten entdeckt hatte. Weil das Routing über darüber noch nicht funktioniert – siehe dazu auch diesen Extra-Post mit Fotos.

Genug der Vorworte – wir kommen nun zum Thema dieses Beitrages.

Ein Ort des Geschichtsparcours

Der „Informationsort Schwer­belastungs­körper“ wurde als technisches Erinnerungsmuseum im Jahr 2009 eröffnet. Als Zeugnis der nationalsozialistischen Stadtplanung für Berlin. Der Ort und seine Geschichte sind vor Ort sehr gut dokumentiert.

Das „Amt für Weiterbildung und Kultur“ des Bezirksamtes  Tempelhof-Schöneberg leistet nicht nur für diesen Ort großartige Arbeit – soweit ich das bisher mitbekomme.

Der „Geschichtsparcour“ ist ein ungewöhnliches historisches Informationssystem, das durch das ehemalige Militärareal an der General-Pape-Straße führt. Es gibt ein Begleitheft bei den Bürgerämtern des Bezirks.

Schwerbelastungskörper Pavillon und Turm
Schwerbelastungskörper Pavillon und Turm. Vergrößern im Cloudalbum

Die Adresse des Informationscenters Schwerbelastungskörpers lautet General-Pape-Straße 34 in Tempelhof. Ein Pavillon und ein Besichtigungsturm verdecken das Betonobjekt, sind aber auch deswegen auffällig gut zu finden.

Auch wenn der Ort geschlossen ist (siehe unten) kann man außen auf Tafeln nachlesen, was sich hier hinter dem Zaun verbirgt. Auch der Blick durch den Zaun ist möglich.

Heute am Dienstagnachmittag war geöffnet. Und ich zeitweise der einzige Besucher!

Die umfangreichen Dokumentationen auf Erklärtafeln und Stelen habe ich zum Nachlesen für zuhause einfach „fotokopiert“, die relevanten Flyer zum Mitnehmen hab ich eingesackt.

Schwerbelastungskörper - Tafeln am Zaun
Schwerbelastungskörper – Tafeln am Zaun. Vergrößern im Cloudalbum

Da bleiben wenige Fragen offen – und die KI habe ich auch noch auf eine spezielle Recherche angesetzt. Siehe unten.

Es ist der Wahnsinn

Es war ein größenwahnsinniger Plan der Nazi den Umbau Berlins zu einer Welthauptstadt. Einmal in einer Nord-Südrichtung, aber auch von Ost nach West. Um die Belastbarkeit des weichen Sandbodens für einen Triumphbogen zu berechnen, lässt Generalbauinspektor Albert Speer 1942 den Schwerbelastungskörper aufstellen.

Die geplanten riesigen, schweren Monumente sind der Grund für dieses „Forschungsprojekt“. Der Schwerbelastungskörper befindet sich nahe des geplanten überdimensionalen Triumphbogens. Der Blick von der Aussichtsplattform Richtung Norden zum Potsdamer Platz macht die Dimension heute noch erfahrbar.


Schwerbelastungskörper - Collage
Schwerbelastungskörper – Collage. – Click zum Fotoalbum

Große Original-Fotos zu diesem Beitrag im betexteten Cloud-Album auch mit 360-Grad-Rundum-Aufnahmen vom 14. Mai 2024:
„Der riesige Schwerbelastungskörper in Schöneberg“


Wie ein Pilz
Schwerbelastungskörper Forum
Schwerbelastungskörper Forum und Eingang – siehe auch Cloudalbum

21 Meter misst der obere Belastungskörper im Durchmesser. Er ruht auf einer unterirdischen Rundsäule, die 18 Meter tief in den Grund reicht, begehbar ist und spezielle Messtechnik enthielt. Dieser Teil ist heute auch noch vorhanden, aber nicht öffentlich begehbar. Zu gefährlich.

Auf dem umzäunten Gelände führt ein kleiner Rundweg in einem gartenähnlichen Park um das Objekt. Es gibt für größere Besuchergruppen Sitzgelegenheiten.

Man kann hinein

Diesen Weg hab ich zuerst genommen, näher kommt man von außen nicht an das Objekt heran. Kurios kann man sich direkt unterhalb des „Heavy Load Bearing Body“ – so die englische Bezeichnung auf den zweisprachigen Stelen – in gebückter Haltung entlang bewegen. Das ist ein besonders beklemmendes Gefühl.

Schwerbelastungskörper Konstruktion
Schwerbelastungskörper Konstruktion. Gebückt passt man hinein. – Großansicht im Cloudalbum

Und so wird die Konstruktion „Schwerlast oben, schmalerer Tiefbau unten“ sehr deutlich. Alte Technik ist rudimentär noch vorhanden. Vor allem in dem Unterbau, in dessen obere Ebene man hineingehen kann. Der Abgang in den „Tiefturm“ hinunter bleibt gesperrt.

Schwerbelastungskörper - Innen. Mehr im Cloudalbum
Schwerbelastungskörper – Innen. Mehr im Cloudalbum

In diesen technischen Räumen herrscht schon eine besondere Atmosphäre. Ich habe aber kein Nazi-Gespenst gesehen.

Noch bis 1983 wurden hier von der Deutschen Gesellschaft für Bodenmechanik Experimente durchgeführt. Erst 1995 erklärte man den merkwürdigen Lost Place zum Denkmal.

Im Fotoalbum siehst du viele Ansichten aus der Nähe … bevor es dann auf den Aussichtsturm geht, der bis über das Dach des Belastungskörpers in 20 Meter Höhe reicht. Letzteres von oben zu sehen, ist eher unspektakulär. Die Ausblicke über die Stadt hingegen lohnen den Aufstieg.

Tolle Aussichten

Diese freien Blicke in Richtung Süden, Westen und Norden gibt es nur hier. Vor allem bei klarer Sicht wie heute gibt es bis zum Horizont interessante Perspektiven zu entdecken. Für die Kamera ist ein Teleobjektiv hilfreich.

Schwerbelastungskörper Süden
Schwerbelastungskörper – Blick nach Süden. Mehr im Cloudalbum

Richtung Süden: Die ehemaligen Kasernen der preußischen Eisenbahnregimenter Richtung Bahnhof Südkreuz werden als Werkstätten, von Kleingewerbe und dem Robert-Koch-Institut neu genutzt.

Richtung Westen: Der ehemalige Gasometer auf der „Schöneberger Linse“ (auch „Rote Insel“) wurde umgebaut für den EUREF-Campus (Europäisches Energieforum). Rechts davon ist die Kuppel der Königin-Luise-Gedächtniskirche zu entdecken.

Schwerbelastungskörper Skyline
Schwerbelastungskörper Skyline – Mehr im Cloudalbum

Richtung Norden: Der Blick über die Bahnschneise und den neuen Gleis-Parks bis zum Potsdamer Platz entspricht genau der Nord-Süd-Achse der nicht gebauten Nazi-Fantasiestadt.

Im Album sind noch drei 360 Grad Rundumblicke vom Beobachtungsturm zu sehen.

Ein kleines Video vom Rundgang ist in Vorbereitung.


Der Informationsort Schwerbelastungskörper ist saisonal geöffnet von April bis Oktober am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag jeweils von 13 bis 18 Uhr.
Der Eintritt ist kostenlos.
Sonntags um 15 Uhr gibt es Führungen, diese sind ebenfalls kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Die Anlage ist nicht barrierefrei!

Adresse: General-Pape-Straße 34 A Ecke Loewenhardtdamm, 12101 Berlin

Mehr: www.Schwerbelastungskoerper.de


Im Berliner Unterwelten e. V. versammeln sich Spezialisten, Historiker und Forscher, die alle gemeinsam Berlin von unten kennen und im Griff haben.
So natürlich auch den „Sonderbau“ Schwerbelastungskörper.
Hier der Bericht voller Details:
www.Berliner-Unterwelten.de/../forschungsthema-untergrund/../schwerbelastungskoerper


Ein weiterer Gedenkort in der Nähe – das ehemalige SA-Gefängnis:

Gedenkort SA Gefängnis Papestraße
Gedenkort SA Gefängnis Papestraße – Großansicht

www.Gedenkort-Papestrasse.de


Ich habe auch wieder die KI angezapft und im Microsoft Copiloten befragt:
„ChatGPT 4 – Was weiß man über den Schwerbelastungskörper in Berlin?“

Anreise-Tipps

Yorckbrücke Nr 5
Yorckbrücke Nr 5 – Click zum Beitrag mit einem Video
Und über die erwähnte neue Yorckbrücke Nr. 5 für Fußgehende und Radelnde gibt es auch einen neuen Beitrag mit einem Track ab dem Gleisdreieck-Park.
„Die Yorck-Brücke No. 5 ist da – und hier ist der Weg“

Von Süden ab Bahnhof Südkreuz ist es ganz einfach. Den Ostausgang nehmen und 700 Meter auf der General-Pape-Straße nach Norden zum Denkmal.

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