LETZTE ÄNDERUNG am Donnerstag 23. Januar 2025 12:29 durch Berlingo
Berlin, du Stadt der Kontraste! Wo sonst kann man an einem Sonntagmorgen gemütlich durch verlassene Ateliers streifen, um am Nachmittag in einem ehemaligen Volksbad inmitten von flimmernden Videoclips zu versinken? Genau das war das Ziel unserer abenteuerlichen Erkundungswanderung durch Lichtenberg.
Um 16 Uhr, zur Blauen Stunde, haben wir den Time Slot im immersiven Stadtbad vorgebucht. Also Zeit, an diesem schönen Januar-Sonntag einen Vorlauf, einen längeren Stadtspaziergang vorzuschalten.
Los ging es am S-Bahnhof Nöldnerplatz. Unser erstes Ziel: die als Lost Place bedrohten BLO Ateliers. Ein wenig gruselig war es schon, durch die verlassenen Hallen zu schlendern. Alles wirkte wie aus der Zeit gefallen, als wären die Künstler erst gestern Hals über Kopf geflüchtet.
Doch zwischen all dem morbiden Charme entdeckten wir wahre Kunstwerke: liebevoll arrangierte Installationen, Graffiti und sogar ein “Zwergenhaus”, das die Künstler vor dem Zugriff der Abrissbirne gerettet hatten.
Die B.L.O. Ateliers in Lichtenberg sind immer noch ein spannender Ort!
Stell dir vor: Ein ehemaliges Bahnbetriebswerk, riesig und etwas heruntergekommen, wird zum kreativen Hotspot. Genau das ist mit den B.L.O. Ateliers passiert.
Hier haben sich rund 90 Künstlerinnen, Handwerkerinnen und Kreative zusammengefunden. In den alten Hallen entstanden Skulpturen, Installationen, Musik und vieles mehr. Es war ein Ort voller individueller Ausdrucksformen und experimenteller Kunst.
Die Atmosphäre ist immer noch rau und authentisch. Zwischen rostigen Schienen und verwitterten Backsteinen entfaltete sich eine lebendige Kunstszene. Man konnte durch die Ateliers streifen, den Künstler*innen über die Schulter schauen und einzigartige Werke entdecken.
Leider steht die Zukunft der B.L.O. Ateliers derzeit in den Sternen. Der Mietvertrag mit der Deutschen Bahn lief im Sommer 2024 aus und es ist ungewiss, ob die Künstler*innen zurück kehren können. Umso wichtiger ist es, diesen Ort zu besuchen und in den Protest der Zerstörung einzustimmen. Was hat die Bahn mit diesem Platz vor. Niemand wird dort wohnen wollen.
Weiter ging unsere Erkundungswanderung durch einige durchaus schöne Parkanlagen vorbei an riesigen “Wohnmaschinen”, für die Lichtenberg auch bekannt ist.
Restaurierte Kirchen, eine aufgegebene Mini-Mall und das Theater an der Parkaue fallen ins Auge.
Das auch sonntags ganz besonders lebendige, riesige Asia Dong Xuan Handelscenter bietet einen bunten Kontrast zum tristen Grau seiner industriellen Umgebung.
Nach einer Stärkung mit Frühlingsrollen und Pho ging es von dort Richtung ehemaliges Stasi-Gelände in der Normannenstraße.
Der Nordeingang zum “Campus für Demokratie” wirkte mit seiner abgehängten Fassade und dem verrammelten Hauptgebäude wenig einladend. Einzig das Stasi-Museum aber kommt modernsiert daher und erinnert an die dunkle Vergangenheit dieses Ortes und der verschwundenen DDR.
Die ehemalige Stasi-Zentrale: Vom Ort der Unterdrückung zum Campus der Demokratie
In der Normannenstraße in Lichtenberg befand sich einst das Herzstück des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, besser bekannt als Stasi. Dieser riesige Komplex diente als Zentrale des gefürchteten Geheimdienstes, der die Bevölkerung systematisch überwachte und unterdrückte.
Heute ist das Gelände als Campus für Demokratie ein Ort der Erinnerung und Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit.
Hier einige wichtige Punkte:
- Stasi-Museum: Im ehemaligen Sitz von Erich Mielke, dem langjährigen Chef der Stasi, befindet sich heute das Stasi-Museum. Hier werden die Strukturen und Methoden des MfS anschaulich dokumentiert. Besucher können Originaldokumente, Fotos und Ausrüstungsgegenstände besichtigen und erhalten so einen Einblick in die Arbeitsweise des Geheimdienstes.
- Forschungs- und Gedenkstätte: Der Campus für Demokratie ist auch ein Ort der Forschung und Bildung. Wissenschaftler und Historiker beschäftigen sich hier mit der Geschichte der DDR und der Stasi. Es werden regelmäßig Veranstaltungen, Seminare und Workshops angeboten, die sich mit der Aufarbeitung der Vergangenheit auseinandersetzen.
- Archiv der Stasi-Unterlagen: Auf dem Gelände befindet sich auch das Archiv der Stasi-Unterlagen. Hier lagern Millionen von Akten, die die Stasi über DDR-Bürger angelegt hat. Betroffene können hier Einsicht in ihre Akten beantragen und erfahren, was die Stasi über sie wusste.
- Mahnmal und Gedenkort: Der Campus für Demokratie ist auch ein Ort des Gedenkens an die Opfer der Stasi-Diktatur. Auf dem Gelände befindet sich ein Mahnmal, das an die Menschen erinnert, die durch die Stasi verfolgt und inhaftiert wurden.
Der Campus für Demokratie ist ein wichtiger Ort der Erinnerungskultur in Berlin. Er trägt dazu bei, dass die Verbrechen der Stasi nicht vergessen werden und sich die Geschichte nicht wiederholt.
Endlich erreichten wir unser Ziel: das historische Stadtbad Lichtenberg, auch bekannt als Hubertusbad. Der Zahn der Zeit hat an dem mächtigen Gebäude genagt, doch der Förderverein Stadtbad Lichtenberg e.V. hat es geschafft, das Bad wieder für Besucher zugänglich zu machen.
Die Multimedia-Ausstellung “Stadtbad RELOADED: AMBILIGHT” entführte uns in eine Welt aus Licht und Farbe. 150 kleine Bildschirme flimmerten an den Wänden und zeigten teils fantastische, teils absurde Videoclips. Die LED-Lichtshow tauchte die beiden Badehallen in ein unwirkliches Licht.
Besonders faszinierend ist die Geschichte des Stadtbades. 1928 wurde es unter dem Namen Hubertusbad eröffnet und diente den Berlinern fast 60 Jahre lang als Ort der Entspannung und des Wohlbefindens. Doch 1988 wurde das Bad geschlossen und dem Verfall preisgegeben.
Heute ist das Stadtbad ein Denkmal vergangener Zeiten. Die erhaltenen Relikte wie die alten Haartrockner und die Umkleidekabinen lassen erahnen, wie es hier einst zuging.
Das Stadtbad Lichtenberg: Vom Volksbad zur Ruine und zurück
1928: Nach langer Bauzeit wird das Stadtbad Lichtenberg unter dem Namen Hubertusbad eröffnet. Es ist ein modernes Volksbad mit zwei Schwimmhallen, Duschräumen und Umkleidekabinen.
1988: Das Bad wird geschlossen. Der Zahn der Zeit nagt an dem Gebäude.
1991: Das Hubertusbad wird endgültig geschlossen.
2022: Der Förderverein Stadtbad Lichtenberg e.V. hat das Bad so weit restauriert, dass es wieder besuchsfähig ist. Die Multimedia-Ausstellung “Stadtbad RELOADED: AMBILIGHT” wird eröffnet.
Heute ist das Stadtbad Lichtenberg ein faszinierender Ort, der Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet. Die Ruine des ehemaligen Volksbades ist ein Mahnmal an vergangene Zeiten, während die Multimedia-Ausstellung einen Blick in die Zukunft der Kunst und Kultur ermöglicht.
Unser Fazit: Die Wanderung durch Lichtenberg war ein abenteuerliches Erlebnis. Wir haben verlassene Ateliers erkundet, uns durch asiatische Märkte treiben lassen und in die Geschichte des Stadtbades eingetaucht. Lichtenberg ist ein Stadtteil voller Überraschungen – man muss nur die Augen offen halten!
Links
Der Original-Track unserer Stadtwanderung bei Komoot. Auch mit “grünen Fotos” der Community:
www.Komoot.com/de-de/tour/2010991850
www.BLO-Ateliers.de
Website des Lockkunst e.V. mit Audio-Archiv, Pressematerial, Petition. Zweisprachig
www.Dong-Xuan-Berlin.de
Alles über den Asia-Großmarkt. Dienstags geschlossen
www.Stasimuseum.de
Stasimuseum im Haus 1 auf dem ehemaligen Gelände der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR. Eintritt 10 Euro, Führung plus 5 Euro. Open Air Ausstellung kostenlos
www.Stadtbad-Lichtenberg.de
Der Stadtbad Förderverein. Website u.a. im Archiv: Videos, Bilder, Dokumente. Auch www.Facebook.com/StadtbadBerlinLichtenberg
www.StadtbadReloaded.de
Kunstausstellung bis 30. März 2025 (Verlängerung möglich).
Nur Samstag/Sonntag! Online Ticketing (12,90/14,90)